I

Susanne Bohla ist heute im Bereich PR tätig. Zum damaligen Zeitpunkt arbeitete sie in der Werbeabteilung des konsument-Warenhauses. Sie berichtet unter anderem von den im Warenhaus stationierten Kampfgruppen-Mitgliedern und davon, wie das Haus gegen die Demonstration gewappnet wurde. Angeregt durch eine Kollegin, die schon an früheren Montagsdemonstrationen teilgenommen hatte, schloss sie sich mit einigen Freunden bei der entscheidenden Demonstration an. Eindrücklich schildert sie die Atmosphäre dieses Abends: das Spalier polizeilicher Hundeführer am Bahnhof, das die Demonstranten am Bahnhof passieren mussten, und den Eindruck, den das rhythmische Klatschen auf sie gemacht hat.

II.

Von unseren Ringumrundungen blieb mir im Gedächtnis, dass die zweite Gruppe einen sehr aktiven Begleiter gestellt hat, der versuchte, die Teilnehmer in ein Gespräch zu verwickeln. Außerdem erinnere ich mich gut an die Schweigensaufforderung beim Passieren der Innenstadt, die genau zum richtigen Zeitpunkt kam, um die Gruppe zu konzentrieren und zur Einheit zu formen. Obwohl ich selbst eher Schwierigkeiten mit der blinden Passage zur runden Ecke hatte, prägte sie sich doch stark ein. Im ersten Durchgang wurde die Aufgabe, mit Kreide eine Spur/ Botschaft auf dem Ring/Weg zu hinterlassen, sehr gut angenommen.

III.

Das Szenenbild präsentiert ein Denkmal in Form eines Säulenstumpfes mit Plakette. Ihn umgeben ein Blumenrondell in grellen Farben und ein Kreis hoher Pappeln. Ein Weg schlingt sich um dieses Arrangement; außerdem ein Weg im Vordergrund und zwei parallele Achsen dazu im Rechtenwinkel in den Bildhintergrund strebend. Ein Streifen Park. Im Hintergrund grenzt die Landschaftsgärtnerei scharf an eine Baustelle, markiert durch einen blickeverwehrenden Bauzaun undefinierbarer Farbe. Wie Notenlinien ordnen sich die Oberleitungen in der Perspektive an. Besetzt mit schwarzen Vögeln. Rechts im Blick (mehr akustisch als optisch präsent): Bahnhof und Straßenbahnknotenpunkt. Auf- und abschwellender Lärm der Bahnen, Autos, Stimmen. Bewegung in den Bäumen und andere Geräuschequellen der Natur werden nur sichtbar. Durch die Ampel recht außerhalb des Blickfeldes, nahen die Menschen in Trauben heran und zerstreuen sich dann auf ihrem Weg in die linke Bildhälfte. Dabei zerteilt sich auch das Sprachengewirr. Deutsch, Französisch, Englisch wird vorbei getragen.

Drei Männer sehr unterschiedlichen Aussehens treten von rechts auf. Im Gehen eine Reihe bildend – wie zum Vergleich nebeneinander gestellt. Sie richten ihren Blick ins Publikum. Ein unordentlicher Schnauzer und bundgemusterter Pullover. Ein Anzug, ein Rollkoffer, eine hohe Stirn. Sehr aufrechter Gang in blauem Halbmantel. Am linken Bildrand zerstreuen sie sich und wählen jeder einen anderen der drei Ausgänge.

1. Ich habe die Route von Niels Adam aufgenommen. Heute 39, wohnt in Jena und betreibt ein Programmkino. Ich konnte ihn nur kurz befragen. An vieles hat er sich nicht mehr erinnert und Einzelheiten kamen erst mit dem Erzählen, z.B. wie er den Heimweg gemeistert hat ohne Straßenbahnverkehr. Er war kirchlich aktiv und ist aus Überzeugung mitgelaufen. Montags war sein Praxistag in Reudnitz, bei Polygraph in der Zweinaundorferstraße. Nach der Demonstration ist er nach Großzschocher nachhause gefahren. Ich hatte den Eindruck, dass ich ihn mit dem Interview ein bisschen überfallen habe. Und auch, da er mich nicht kennt, zögerlich war, von Details zu reden. Wir haben dann noch über politische Gruppierungen gesprochen. Dass es um 1990 herum ganze Stadtteile gab, z.B. Schönefeld, die er als rechts einordnete, und die man sich nicht getraut hatte. Wo man auf Fälle Prügel bezog.

2. Ich war auf dem Platz zw. Nikolaistraße und Übergang zur Westhalle. Hier einige Beobachtungen:
Menschen strömen von links nach rechts, aus der Stadt kommend, und von rechts nach links, vom Bahnhof kommend, durchs Bild. Aus dieser Gruppe der Passanten laufen die meisten zielstrebig geradeaus, haben Richtung und Ziel. Einige wenige schlendern, haben das gleiche Ziel aber Zeit zur Verfügung.
Im Gegensatz die Gruppe der Punker. Sie haben den Durchgangsort zum Aufenthalt gemacht, sitzen auf dem Boden, trinken, spielen mit Hunden, versperren den Zugang zum Fußgängertunnel.
Die Bewegung der Menschenmengen läuft quer zu den Verkehrsströmen auf dem Ring und der Richard Wagner Straße.
An diesem Durchgangsort ist der Name der LVB für ihren Informationskiosk gut gewählt: Mobilitätszentrum. Im Zentrum der Mobilität.
Obwohl so viele Menschen passieren, hört man keine Stimmen. Die Dahineilenden sprechen leise? Sie unterhalten sich nicht, da die Konzentration liegt auf dem Weg? Die Autos rechts und links etablieren eine Geräuschkulisse, der die menschlichen Stimmen nicht gewachsen sind?

3. During the planning within the group, there were many good single ideas. The problem we faced, was to locate them on the route. To have a performance or action which is in response to the place. Some wanted to discuss this problem, others were the opinion, let’s just give it a try. I’ve found it difficult to imagine what is suited and which isn’t. As well the changeover from point of action to walking further is difficult. Should the performance be marked as beginning and end. Our approach was somehow to have it interactive, to create contact with the people in town. But a time-span of 2-3 minutes is too short to respond to the response. With earphones it might be completely impossible. With the mp3-guidance I’m a little afraid of becoming secluded, towards the environment and the members of the group too. Most impressive during the walk to me were situations when I was branded as different: carrying protestsigns, writing messages with chalk onto the floor. There existed some anxiousness of getting addressed by passer-bys. Here the same I don’t know if it works the same with plugged ears.
Hallo,

meinen Zeitzeugen habe ich nach langem Hin und Her dann doch noch von der Runden Ecke "bekommen". Er heißt Ernst Demele und war damals aktiv in der Nikolaikirche dabei. Er hat viele spannende Geschichten aus der Nikolaikirche erzählt, auch wie damals immer mehr Menschen zu den Demos kamen und die Demos sich um Laufe der Zeit verselbstständigten. Wir waren auch an der Runden Ecke, wo er mir noch einmal eine neue Sicht auf die "Erstürmung" der Stasi am 4. Dezember 1989 geben konnte.
Den GPS-Walk habe ich ohne ihn aufgenommen, weil wir keinen Termin mehr gefunden hätten, dies gemeinsam abzulaufen. Er kam damals immer direkt nach der Arbeit in Halle vom Bahnhof und geradwegs in die Nikolaikirche, wo er auch nach der Demo wieder hinging, um mit den anderen den nächsten Montag zu besprechen.

Was mir bei meinem Walk aufgefallen ist, dass man jetzt wieder am Alten Kaufhaus/Brühl-Arkarden ohne Probleme vorbei laufen kann. Man muss jetzt nicht mehr über die Ampeln und an der Straßenbahn lang laufen. Das erleichtert einiges, denke ich.

Grüße, Sabrina
Ein Monday Walk und Interview am 10.06.2010

Was das Interview mit einem Zeitzeugen betrifft, so bin ich eindeutig ein Spätzünder. Nachdem mehrere Kontakte ins Leere gelaufen waren, habe ich fast nicht mehr damit gerechnet, dass es noch gelingen würde, einen weiteren zu knüpfen.

Glücklicherweise hatte Marcus noch drei offene Möglichkeiten parat. Sie hatten sich über Hermann Heisig – einem der play! LEIPZIG-Künstler – ergeben. Die erste davon verband mich telefonisch mit Brigitte Moritz, der Mutter von einer ehemaligen Klassenkameradin Heisigs. Als Mitglied der Nikolaikirchgemeinde partizipierte sie an den Aktivitäten der oppositionellen Friedensbewegung, namentlich der Gruppe Frauen für den Frieden. Heute ist sie im Stadtrat für Bündnis 90/Die Grünen und Geschäftsführerin des Vereins für interkulturelle Arbeit, Jugendhilfe und Schule in Leipzig.

Am Vortag der Abgabefrist traf ich Frau Moritz vor dem Gemeindehaus der Lukaskirche in der Juliusstraße 5. Dort hatte sie am denkwürdigen 9. Oktober 1989 ihren Weg zum Stadtring begonnen. Sie war mit der Bahn bis zum Augustusplatz gefahren, wo es für selbige bald kein Durchkommen mehr geben sollte. Und dass an jenem Tag das ganz besondere Gefühl einer grundlegenden Veränderung nicht nur in der Luft gelegen, sondern sich tatsächlich und handgreiflich in einer großen Bewegung manifestiert hatte, beschrieb sie später in ihrem Büro bei laufender Tonaufnahme.

Zum Abschluss unseres Gesprächs bemerkte Frau Moritz, dass ihre Erfahrungen damit erstmalig zu einem Teil eines künstlerischen Projekts werden und dass sie sich deshalb sehr freuen würde, das entsprechende Festivalprogramm zu sehen.

Speiseeis und Regenschirme – Zwischen leiblichen Freuden und sperrigen Accessoires

Eine Straßenbeobachtung am 28.05.2010

18.30 Uhr, Grimmaische Straße/Ecke Universitätsstraße – die Buchhandlung Lehmanns im Rücken. Interessante Aktionen und Stimmungen entfalteten sich rund um ein hellblaues Häuschen, in dem eine Blondine mit dem Charme einer Jurastudentin Softeis mit Vanille-, Schoko- und Erdbeergeschmack feilbot. "Durch die Wiesen kam hurtig Katjuscha, zu des Flusses steiler Uferwand“, der Dauerbrenner mit Ohrwurmgarantie, gespielt auf einem Schifferklavier, gestaltete die Klanglandschaft: mal von rechts kommend, dann nach links, gewissermaßen in den anderen Stereokanal wechselnd. Das Eis war sehr empfehlenswert. Diesen Eindruck schien auch ein Mann zu haben, der das Eis geradewegs aus unserer Hand lecken wollte. Ein anderer Herr posierte schmunzelnd vor der Digitalkamera seiner Frau.

Bei allem Lob muss man einräumen, dass es nicht ohne (technisch bedingte) Komplikationen zuging. Eine Absperrung um eine Öffnung im Betonboden war ein nicht unerhebliches Hindernis. Offenbar befand sich die Bühnenklappe zum unterirdischen Geschoss gerade im Bau, was streckenweise zu einem hellen Durcheinander innerhalb der Choreographie der "Fußgänger" führte – als hätte man Verkehrsströme aus Großbritannien und Deutschland übereinander gelegt.

Sehr ansehnlich und mitunter handlungstragend waren die Schirmträger. Die Leute mit kleinen Schirmen waren klar im Vorteil und mussten sich nicht mit sperrigen Schirmen herumplagen. Man konnte sich folgende Szene gut vorstellen. Frau: „Ach, lass uns den Schirm mal lieber mitnehmen. Man weiß ja nie, die haben heute noch Regen vorhergesagt!“ Mann: „Aber nicht, dass ich den dann tragen muss...“ Frau: „Nein, nein. Ich trag den dann schon!“...Gute Vorsätze in allen Ehren! Die Kunst besteht darin, unhandliche Gegenstände so cool wie möglich zu transportieren.

Beeindruckend waren darüber hinaus die geschmackvoll eingestreuten Kuriositäten: eine 30cm große, braunhaarige Puppe mit einen Lächeln, das einem das Fürchten lehrte, und roten Gummistiefeln mit weißen Punkten. Langweilig wurde es jedenfalls nicht.

Alles in Allem war es doch eine gelungene und vergnügliche Darbietung, für Groß und Klein geeignet. Schauen auch Sie mal rein, es lohnt sich.

Sarah Peglow & Maria Koch
Mein Zeitzeuge heißt Axel J., heute 49 Jahre alt, wohnte damals in der Südvorstadt und traf sich am Petersteinweg mit seinen Schwiegereltern. Axel arbeitete damals im FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund), deswegen war es für ihn anfangs heikel bei den Demos mitzulaufen, erst gegen Ende stieß er dazu bzw. hat vorher die Demos mit sicherem Abstand verfolgt. Axel besuchte mit meiner Mama zusammen die gleiche Schule in Wittstock (Uckermark) bzw. waren zusammen in einer Clique. Axel ist für eine Frau, nicht seine heutige Frau, nach Leipzig gegangen.
(GPS Walk am Donnerstag, 10.06.2010 von ca. 11 bis 12 Uhr, von Südvorstadt Floßplatz/Audorfstraße)

Autor gesucht!

Hallo zusammen,

gibt es jemanden unter Euch, der gern über unser Projekt mit plan b und/oder das Festival PLAY! einen journalistischen Beitrag verfassen möchte?

Das Online-Feuilleton Leipzig-Almanach (www.leipzig-almanach.de) sucht noch einen Autor, der gern einen Artikel über das Festival oder eine Veranstaltung des Festivals schreiben möchte.

Bei Interesse meldet euch einfach bei: haehle@leipzig-almanach.de

Monday Walks

Zeitzeuge

Mein Zeitzeuge heißt Reiner Tetzner und ist als freier Autor in Leipzig tätig. Er ist bei jeder Montagsdemonstration dabei gewesen, als es politisch ernster wurde, hat ihn sein Neffe, der extra aus Freiberg anreiste begleitet. Was Herr Tetzner betonte war das friedliche Demonstrieren. Da die meisten radikalen Gegner der DDR sowieso schon ausgereist waren oder ausgewiesen wurden, demonstrierten zum Großteil nur noch friedliche Demonstranten, die die DDR reformieren aber nicht abschaffen wollten. Um die friedliche Demonstration zu betonen, kam es dazu dass häufig Kerzen mitgenommen wurden. Wenn sich während der Demonstration Gewalt ankündigte, wurde der Krisenherd sofort beseitigt und Autonome abgedrängt. Außerdem empfand Herr Tetzner den mythischen Ring als sehr entscheidend, die Allegorie das System durch Umrunden des Rings umschlossen zu haben, stellte für ihn eine entscheidende Motivation für die Demonstrationen dar.

Herr Tetzner wohnte damals in der Nähe vom Clara-Park, sodass wir bei der Rekonstruktion der Route von der Ferdinand-Lassalle-Straße über die Kolonnadenstraße, den Dorotheenplatz vorbei an der Thomaskirche entlang der Grimmaischen Straße zum Augustusplatz, von wo aus wir dann den Ring einmal abliefen.

Beobachtung

Ich war am Park hinter der Oper positioniert und habe festgestellt, dass sämtliche Passanten durch den Park durchgehen, niemand aber das Stück „Ringstraße“ von der Oper zum Willy-Brandt-Platz nutzt. Dieses Stück ist vollkommen menschenleer. Man ist nur vom lärmenden Verkehr umgeben. Es entsteht nach einer Weile das Gefühl, dass man vollkommen von der Außenwelt isoliert ist, jeder Passanten biegt pünktlich mit Beginn des Parks ab und kommt nie in die Nähe des „Ringstraßeabschnitts“.


Gruß,

Franca

Here are my impressions of the "film" we went to see when we were divided into groups of two:


"Neuerdings gibt es Durchsagen für die Bahnen — auch für die 15, die erst in die eine Richtung (rechts), dann wieder als andere Bahn in die engegengesetzte Richtung fährt. Aber diese hat jetzt für ihr Ziel keine Durchsage.


Die Leue wollen aber in die Nummer Eins, auch der Service (der ja gar nicht als Fahrgast einzuordnen ist), aber die Frau, die zu spät kommt, drückt vergeblich ihren Einstiegswunsch an der Tür aus — muß sich wohl eine andere suchen in die gleiche Richtung.

In der Spiegelung vom Freiberger-Plakat, ganz im Einklang mit der saftigen Natur, kann man gar nicht mehr sagen, wohin die Bahn fährt. Ist ja nur ein Bild im Bild im Bild. Der Abstand zwischen ihnen ist fast rhythmisch einstudiert. Aber der ergibt sich praktisch von selbst. Immer nur vier Bahnen, die als nächstes geplant werden — bis auf die letzten vier, die dann weniger werden.


Es scheinen mehr Leute herauszukommen als hereinzugehen. Das muß auch einmal ein Ende nehmen. Nur der Service bleibt drin, wenn er mal eingestiegen ist und fährt mit, hinten. Mit einem Klingeln geht's in die Pause. Jetzt die exotische Mischung. Und wieder Service — alles von Anfang an dieser Doppelhaltestelle. Jeder ist zurück an seinem Platz. Leipzig in Frakturschrift, ganz wie früher nur nicht wirklich so; Links ein schwarzer Löwe, rechst zwei blaue Linien, dazwischen die Pause."



Here are the direct links to the interview I made and one file containing background audio which was recorded on the way back from the participants home in Grünau while also using the GPS-device (I hope this linking works here ...):

http://docs.google.com/leaf?id=0B78xbk3IvmRyYjI4ZjQzM2YtYzJlMC00MmEzLTg5NWEtZTM4NjdkYzRkNDVh&hl=en&invite=COe888QB

http://docs.google.com/leaf?id=0B78xbk3IvmRyYWJiOTBiZjgtMWE1ZS00MGU1LWFjZmQtMWVkNWQ1OTc5ZTY1&hl=en&invite=CLvoqtkP

monday walkers

Zeitzeugen hieß es zu finden, die in irgend einer Art und Weise die Montagsdemonstrationen des Herbstes 1989 miterlebt haben.
Puh, ein Zeitzeuge, ein lebendes Monument?
Zeitzeuge, meine Gedanken verbleiben zunächst bei diesem Wort, das Menschliche nicht vor Augen.
Wolfgang Franke, zum damaligen Zeitpunkt Student der Technischen Hochschule in Leipzig, sollte nun das Wort Zeitzeuge erfüllen.
Oh ja und wie er es tat:) ein wahrer Zeitzeuge, der mich über das Gespräch hinweg jenen Fakt, um es noch einmal zu wiederholen -Zeitzeuge- vergessen ließ.
Seine persönliche Situation unterstützte die Atmosphäre, die er gerade am 09.Oktober während der Demo empfand- Glückseligkeit.
Zufällig die Frau getroffen, in die er verliebt war, später den besten Freund, nun zu dritt, gemeinsam die Innenstadt zu umrunden. Ruhig, keine Angst, erfüllt vom Gefühl der Solidarität. Einige Stunden vorher, Vorlesung "Recht", der Professor musste unterschreiben, dass er des Abends nicht in die Innenstadt geht. Letzter Anreiz für den Beschluss Herrn Frankes, diesen Montag zum ersten Mal auf jeden Fall zu gehen.
Wächterstraße- Wilhelm- Leuschner- Platz/ Augustusplatz (die Erinnerungen schwanken)- Nikolaikirche, diese schleichend umrundet- Grimmaische Straße- Umrundung der Innenstadt (09.10.1989)
Für mich war es ein sehr anregendes Gespräch, neben dem Politischem ist mir seine damalige persönliche Situation, das Zusammentreffen in Erinnerung.
Zeugen der Zeit.
Henner Kotte, heute Schriftsteller, damals Mitte 20 an der Uni tätig. Am 04. Oktober 1989 brannte der Hauptbahnhof in Dresden. Demonstration. Er war dabei. "Schrecklich". Der Schrecken saß ihm noch im Nacken, als er am 09. Oktober vor der Entscheidung stand, gehen oder nicht gehen. Die "chinesische Lösung" zwar nicht erwartend und dennoch nicht wissend, was würde passieren. Die Rufe "Schließt euch an, reiht euch ein" hörend, von der Gerberstraße zum Hauptbahnhof laufend, den Demozug an dieser Stelle durchquerend, das Bild seiner Freundin, die ihn nicht gehen lassen wollte und ihm den Weg durch die Tür versperrt hat, im Kopf habend, entschloss er sich, nicht mitzugehen. Weiter zur Goethestraße, Polizeiwagen..., aus Lautsprechern (die damals an verschiedenen Punkten in der Stadt montiert waren) das Verbot zur Demo zu gehen. Weiter zur Uni, Universitätsstraße, Polizisten haben die Räumlichkeiten als Aufenthalt genutzt. Angekommen in der Moritzbastei.
Von den Unruhen in Dresden hatte ich bis zum Gespräch mit Henner Kotte noch nichts gehört, nur fünf Tage zuvor, eine solche Erfahrung durchmachend, macht mir wieder einmal deutlich wie schwer es ist, sich die damalige Zeit vorzustellen.
Ich denke, es ist wichtig in Hinblick auf den Walk auch gerade solche Geschichten zu berücksichtigen.
Zeitzeugen.

Erinnerungen an Beobachtungen auf der Street

Hm. Ich sitze auf dem Bordstein, vor mir der Parkplatz, Ecke Goerderlerring. Bauzaun kreist "Blechbüchse" ein. Schleuse, durch die die Menschen ein- und ausströmen, aus meiner Perspektive eher einströmen. Alle gleichen Weg. Warum laufen sie nicht um die parkenden Autos herum?
Kreuz und quer. Es scheint, als wählten sie wohl den kürzesten Weg. Ein paar Handbewegungen, Arme gehen nach oben, Hände zeigen auf die "Blechbüchse". Niemand springt in die Pfützen. Verwirrte Augen, schnell weggucken, wenn sie von meinen erblickt werden. Ist es unangenehm, wenn man das Gefühl nicht nur der Beobachtung, sondern auch das Gefühl, oh ich werde schriftlich "registriert"? Keine Kommunikation. Ich habe ihnen nichts erzählt. Sie haben mich nichts gefragt.
Wer ist hier eigentlich der Beobachter?

Performances

Es geht los vom Centraltheater, Thomaskirche, "unbekannte" Plakate in die Hand gedrückt. Oh jeh. Hochhalten. Gut, Jule hat keins, dann können wir ja "meines" zusammen empor über unsere Köpfe tragen. Hinten angereiht, denn "Stop looking back" stand drauf. Was machen die anderen? Bin ein wenig peinlich berührt. Leute gucken uns an. Für was sind wir denn? Das Gefühl- alle Augen auf die Gruppe gerichtet, weil wir Pappkartons tragen...
Augustusplatz. Stehen bleiben, einzeln weiter laufen. Wenn ich schneller laufe, überhole ich meinen Vorgänger. Dan fällt das GPS aus der Hand. Überholt. Darf ich das? Laufe langsamer. Soll der Abstand gleich bleiben? Fühle mich unwohl. Die Mehrheit der "Gruppe" läuft hinter mir. Haben sie verstanden, was wir machen sollen?
Ampel- alle wieder zusammen. In einer Reihe sehe ich den Rest ankommen. Wir beklatschen eine Werbung, werben wir auch?
Nun weiterlaufen. Ganz schön lange. Was tun? Zigarette drehen. Dann irgendwann stopen, umdrehen, rückwärtslaufen. Noch zwei aus der Gruppe, und nun?
Goerdelerring. Kreide. Bäumen etwas sagen. Stationen. Wieder laufen.
Ein Gruppengefühl hatte ich am stärksten beim Plakatetragen, wir haben nicht nur alle das "Gleiche" gemacht, sondern uns darüber eine, wenn auch nicht beabsichtigte und bewusste Identität gegeben.
Trotz der Zwischenstationen war alles im Fluss, dass fand ich gut.
Das hat bei unserem konzipierten Walk nicht so gut funktioniert. Ein wenig unkoordiniert. Aufgefallen ist mir, dass es schwierig ist, die Leute zu aktivieren. Das Wissen um die Gruppe reicht da wohl nicht aus. Hätte ich zuvor vermutet (Zusammengehörigkeit nicht nur über Masse, Auferlegung eines passiven "Bedürfnisses"), aber wahrscheinlich entzieht sich das im aktiven Moment meiner Erfahrbarkeit.
Ein weiteres "Problem" empfand ich beim Warten auf die Straßenbahn. Wie kann man die Aufmerksamkeit auf Dinge lenken, ohne sie bewusst zu markieren? Die Zwei, die sich schon anfangs "stritten", haben das dort weiterhin gemacht. Es schien, als wäre das nicht aufgefallen. Entfernungen?
Was für mich bei beiden Walks gefehlt hat, ist die Aktion außerhalb der Gruppe. Was natürlich schwierig war, da wir ja zumindest alle wissen, wie wir aussehen und der "Überraschungseffekt" wohl nicht gewirkt hätte.
Ich fand es gut, dass wir beide Parts, Performance konstruieren und laufen, machen konnten. Da im jeweiligen Moment doch ganz andere Dinge entstehen. Der Plan nicht auf geht. Wie auch die Monday Walkers gerade am 09. Oktober nicht wussten wie der "Plan" aufgeht.
Planlos? 
Interview.
Mein Interviewparnter war ein circa 40 jähirger Vermieter, mit dem ich mich in einem öffentlichen Lokal getroffen habe. Er war 1989 20 Jahre alt und Student an der Technischen Hochschule Leipzig (heute HTWK). Er war sehr aufgeschlossen und auch überaus interessiert an dem, was wir machen. Das Interview an sich verlief problemlos und auch mit dem Aufnehmen des Gesprächs hatte er keinerlei Probleme. Was mir als erstes zu diesem Interview einfällt ist, wie unterschiedlich ihm manche Dinge von damals im Gedächtnis geblieben sind. Einge Sachen (wie zB sein druck von ca 100 Flyern für den Protest, die angedrohten Strafen der Hochschulleitung gegen Studenten die an der Demo teilnehmen wollten oder die Lautsprecherboxen, die überall in der Stadt verteilt waren und über die die Reden von Kurt Masur und den anderen Sprechern flächendeckend empfangen werden konnten) sind ihm relativ deutlich in Erinnerung geblieben, während er sich an andere Dinge (die abgelaufene Strecke, bestimmte Gedanken die ihm während des Protestes in den Sinn gekommen sind, markante Ereignisse während oder vor der Demo) kaum bzw überhaupt nicht erinnern konnte.
Dennoch war es interessant ihm zuzuhören.
Seinen Weg zum Ring habe ich mit dem GPS ab seiner damaligen Wohnung (Eisenbahnstraße 131) - obwohl er nach eigener Aussage nicht immer von dort sondern manchmal auch von der Hochschule losgefahren ist - bis zur Runden Ecke verfolgt, weil er sich nicht erinnern konnte die volle Runde gelaufen zu sein.
Das Interview war alles in allem (und trotz etwas störender Musik im Hintergrund) sehr angenehm und informativ.

'review' of the scene you witnessed on Friday evening.
Als Ronja und ich zusammen an den Augustusplatz gelangten, war das erste was wir sahen einige Gruppen von Senioren, die etwas verloren und wartend auf dem Platz neben der Kirche standen. Es wirkte gleich wie eine Art "Drehpause" an einem Filmset, in der die Extras auf ihre nächsten Anweisungen warten und nach wenigen Minuten zusammen zum nächsten Set weitergingen. Als wir uns dann auf eine Bank setzten und die Umgebung rund um die Kirche beobachteten, bekamen wir den Eindruck von zwei verschiedenen Wahrnehmungen dieses Ortes. Auf der einen Seite waren die Touristen, die die Kirche und das "drumherum" als etwas ausschließlich aussergewöhnliches wahrnehmen.
Und auf der anderen Seite die Einwohner Leipzigs, für die der Ort natürlich auch eine besondere Bedeutung hat, aber auch wiederum alltäglich und normal ist. Es ist ein Ort im Zentrum der Stadt, wo viele verschiedene Leben zusammentreffen und sich kreuzen - wie eine Souffleuse aus dem Central Theater, die dort in ein Taxi steigt, ein Stammkunde des Cafes in dem Ronja arbeitet, der über den Platz in das nächste Cafe geht und schließlich sogar eine Kommilitonin, die auf dem Weg zu einer Verabredung ist.
Der Ort hat eine sehr unterschiedliche aber doch universelle Bedeutung für die Stadt und deren Einwohner.

Die Performance A und B.
Trotz anfänglicher Skepsis war ich sehr positiv überrascht. Sich mit Schildern durch die
Fußgängerzone zu bewegen und verschiedene Reaktionen dafür zu erhalten ist sehr interessant, besonders weil sie so unterschiedlich ausfallen. Manche stimmen zu, andere lehnen es ab und wieder andere ignorieren es einfach vollständig. Ich fände die Idee reizvoll, wenn man es soweit steigern könnte, das Füßgänger spontan einfach mitlaufen, weil sie die Aussage oder Idee eines Plakates teilen. Aber das kann man leider nicht wirklich beeinflussen - es sei denn, man spricht die Leute direkt an (wie es bei Gruppe B vorgegeben wurde). Des Weiteren fand ich die Kreide-Aktionen sehr gelungen, weil es eine gute Möglichkeit ist, alle mit einzubeziehen und sich kreativ mit einem Thema auseinander zu setzen.
Abgesehen davon macht es auch einfach spaß ;)
Das sind die wesentlichen Dinge, die mir im Gedächtnis geblieben sind.
Perfomances durch die Stadt
Diese Aufgabe war eine spannende Erfahrung vor allem in Bezug auf die Wahrnehmung.
Es war spannend zu beobachten wie unterschiedlich so etwas geplant und ausgeführt werden kann.
Zunächst suchten wir eine Art Thema, also unter welchem Aspekt die andere Gruppe die Stadt und sich selbst erfahren sollte.
Stark ist aufgefallen, dass wir dabei innerhalb der Gruppe auch darüber diskutierten wie wir uns bei den Aufgaben, die wir der anderen Gruppe stellten, fühlen würden.
Somit wird von uns festgelegt, dass die andere Gruppe nur so weit gehen muss, wie wir es für uns selbst als richtig empfinden. Von daher sahen wir uns auch nicht mit großen Problemen bei der Ausführung konfrontiert.

Meine Erfahrungen, die ich machte, während der Performance, die für uns gemacht wurde, waren unglaublich vielseitig.
In erster Linie merkte man, dass man sich viel sicherer und selbstbewusster fühlt, wenn man als Gruppe auftritt. Somit fielen die Aufgaben, andere Leute anzusprechen, viel leichter.
Mit den Aufgaben, die uns gestellt wurden, rückt man als Gruppe ebenso stark in den Vordergrund des Geschehens auf der Straße. Wobei zu bemerken ist, dass die anderen Leute sehr distanziert und irritiert reagierten.
Daraus stelle ich erschreckend fest, dass sobald jemand aus den auferlegten Konventionen entflieht, gleich als Außenseiter gilt. Wir sind in unserem gesellschaftlichen Handeln so stark eingeschränkt, dass jede kleine Abweichung sofort auffällt.

Ich denke, dass viele der Ideen auch sehr passend für den Walk sind, wie z.B. die Plakataktion (plötzlich für etwas demonstrieren, wo man evtl. nicht dahinter steht), mit geschlossenen Augen laufen oder rückwärts, sich mit Kreide oder Ähnlichem irgendwo "verewigen" sowie jemanden finden, der ein bestimmtes Stück mitgeht um diese Erfahrung mit zu erleben.

Interview mit meinem Zeitzeugen
Dieses Interview war meine Premiere in diesem Bereich, von daher war ich auch ein wenig aufgeregt, was sich aber schnell legte, da meine Interviewpartnerin (die Mutter meines Vermieters) sehr aufgeschlossen war. Zudem gab es auch keine Probleme bezüglich des Aufnehmens. Sie erzählte, dass sie damals im Uniklinikum arbeitete, somit gab dies eine gute Ausgangsposition sie erzählen zu lassen, was zu dem Zeitpunkt dort geschah, wie die Stimmung war und ich konnte darauf hinaus ob sie denn auch von dort zur Demonstration gegangen war.
Probleme während des Interviews gab es auch gar nicht, da meine Interviewpartnerin eine sehr liebenswürdige Person ist. Ich erfuhr von ihr auch sehr viel rund um die Demonstrationen, wie z.B. die eingeschränkte Reisefreiheit, die sie persönlich daran hinderte zu einer Veranstaltung in den Westen zu gehen, und die eventuell im Nachhinein stattgefundenen Verhaftungen.
Was mir aufgefallen ist, ist, dass es schwierig ist, genaue Details der Informationen über die Demonstrationen zu bekommen. Einerseits könnte es an der vergangenen Zeit liegen oder andererseits, dass sie sich nicht konkret daran erinnern möchten, da es damals für sie als selbstverständlich erschien. Somit konnte meine Interviewpartnerin als auffälliges Ereignis während der Demonstartionen "nur" die Rede des Kurt Masur nennen, was neben des Gemeinschaftsgefühls wohl die stärkste Erinnerung an die Demonstrationen war. Diese Unterstützung der bekannten Leute bestärkte die Menschen noch einmal in ihrem Vorhaben.
Als wir noch einmal über ihren Weg zum Augustusplatz sprachen zeigte ich ihr den Stadtplan, um genau ihren Weg verfolgen zu können. Hierbei sprachen wir auch über ihren Nachhauseweg und somit erfuhr ich zusätzlich die damaligen Straßennamen. Ich bemerkte, dass sie auch noch stark von diesen ausgeht, sodass sie sich mit dem Stadtplan sehr vertraut fühlte. Das war dann auch so gut wie das Ende des Interviews und ich bedankte mich und meine Interviewpartnerin freute sich uns geholfen zu haben.
Das ist jetzt nur eine kleine Beschreibung gewesen, weil ich ungern alles vorweg nehmen möchte, da wir uns vielleicht einige Interviews noch anhören.
Dieses Interview hat mich sehr inspiriert und ich habe vor, dieses öfter zu machen.
1. Ich habe die Route von Niels Adam aufgenommen. Heute 39, wohnt in Jena und betreibt ein Programmkino. Ich konnte ihn nur kurz befragen. An vieles hat er sich nicht mehr erinnert und Einzelheiten kamen erst mit dem Erzählen, z.B. wie er den Heimweg gemeistert hat ohne Straßenbahnverkehr. Er war kirchlich aktiv und ist aus Überzeugung mitgelaufen. Montags war sein Praxistag in Reudnitz, bei Polygraph in der Zweinaundorferstraße. Nach der Demonstration ist er nach Großzschocher nachhause gefahren. Ich hatte den Eindruck, dass ich ihn mit dem Interview ein bisschen überfallen habe. Und auch, da er mich nicht kennt, zögerlich war, von Details zu reden. Wir haben dann noch über politische Gruppierungen gesprochen. Dass es um 1990 herum ganze Stadtteile gab, z.B. Schönefeld, die er als rechts einordnete, und die man sich nicht getraut hatte. Wo man auf Fälle Prügel bezog.

2. Ich war auf dem Platz zw. Nikolaistraße und Übergang zur Westhalle. Hier einige Beobachtungen: Menschen strömen von links nach rechts, aus der Stadt kommend, und von rechts nach links, vom Bahnhof kommend, durchs Bild. Aus dieser Gruppe der Passanten laufen die meisten zielstrebig geradeaus, haben Richtung und Ziel. Einige wenige schlendern, haben das gleiche Ziel aber Zeit zur Verfügung. Im Gegensatz die Gruppe der Punker. Sie haben den Durchgangsort zum Aufenthalt gemacht, sitzen auf dem Boden, trinken, spielen mit Hunden, versperren den Zugang zum Fußgängertunnel. Die Bewegung der Menschenmengen läuft quer zu den Verkehrsströmen auf dem Ring und der Richard Wagner Straße. An diesem Durchgangsort ist der Name der LVB für ihren Informationskiosk gut gewählt: Mobilitätszentrum. Im Zentrum der Mobilität. Obwohl so viele Menschen passieren, hört man keine Stimmen. Die Dahineilenden sprechen leise? Sie unterhalten sich nicht, da die Konzentration liegt auf dem Weg? Die Autos rechts und links etablieren eine Geräuschkulisse, der die menschlichen Stimmen nicht gewachsen sind?

3. During the planning within the group, there were many good single ideas. The problem we faced, was to locate them on the route. To have a performance or action which is in response to the place. Some wanted to discuss this problem, others were the opinion, let’s just give it a try. I’ve found it difficult to imagine what is suited and which isn’t. As well the changeover from point of action to walking further is difficult. Should the performance be marked as beginning and end. Our approach was somehow to have it interactive, to create contact with the people in town. But a time-span of 2-3 minutes is too short to respond to the response. With earphones it might be completely impossible. With the mp3-guidance I’m a little afraid of becoming secluded, towards the environment and the members of the group too. Most impressive during the walk to me were situations when I was branded as different: carrying protestsigns, writing messages with chalk onto the floor. There existed some anxiousness of getting addressed by passer-bys. Here the same I don’t know if it works the same with plugged ears.